Allgemein

Alkaptonurie (AKU) wird autosomal rezessiv vererbt und betrifft den Phenylalanin- und Tyrosin- Stoffwechsel wie in Abbildung 1 dargestellt (1-3). Dabei wird das Zwischenprodukt Homogentisinsäure (HGA) durch eine Störung des Enzyms Homogentisat 1,2-Dioxygenase (HGD) nicht weiter abgebaut. Es kommt zu einer 2.000-fachen Anreicherung von HGA.  Die Fehlfunktion von HGD beruht entweder auf homozygotischen oder heterozygotischen Mutationen des HGD-Gens (1;4). Mittlerweile gibt es weltweit mehr als 100 Mutationen, die mit der  komplexen hexameren Proteinstruktur des HGD-Enzymes interferieren und zu einer Inaktivität  des Enzymes führen, auch HGD-Defizient genannt (4). Die Häufigkeit von AKU beträgt weltweit ca. 2 - 10 : 1.000.000, jedoch gibt es sogenannte Hotspots wie die Slowakei, Jordanien, Indien, Dominikanische Republik und Berlin. Dabei sind die meisten AKU-Patienten mit einer Prävalenz von ca. 1 : 20. 000 in der Slowakei zu finden (3-7).

 

HGA ist chemisch sehr reaktiv und oxidiert zu  Benzochinonessigsäure (BQA). Dies verursacht eine Dunkelfärbung des Urins durch den Sauerstoff der Luft. Somit sind Verfärbung der Windeln bei AKU-Säuglingen häufig die ersten Symptome, die zur Identifizierung von Alkaptonurie führen. Verdacht auf AKU kann durch den Nachweis von HGA im Urin mittels Gaschromatographie-Massen-Spektrometer bzw. LC-MS/MS bestätigt werden. Da betroffene Patienten ansonsten bis ins Erwachsenalter symptomlos sind, bemerken viele ihre Krankheit erst, wenn die Schmerz- und Pigmentsymptome auftreten oder sie anhand des schwarzen Knorpels während einer Operation identifiziert werden (1-3).

 

Schematische Darstellung des Stoffwechsels von Tyrosin Abbau

Abbildung 1: Schematische Darstellung des Stoffwechsels von Tyrosin Abbau. Eine Störung des Enzymes Homogentisat-1,2-Dioxygenase verursacht die Erbkrankheit Alkaptonurie durch Anreicherung von Homogentisinsäure (HGA). Enzyme sind kursiv und blau beschrieben, die entstandenen Metaboliten fett gedruckt (3).   

 

 

Ungewöhnliche Pigmentierung von über Knorpel liegender Haut wird meistens nach dem dritten Lebensjahrzehnt festgestellt. Beschwerden an der Muskulatur und am Skelett beginnen in der 3. Dekade mit Steifheit und Rückenschmerzen. Die großen peripheren Gelenke werden meist mehrere Jahre nach Beginn der Beschwerden an der Wirbelsäule betroffen. Oft geht die Gelenkfunktion vollständig verloren, und ein chirurgischer endoprothetischer Gelenkeinsatz wird erforderlich (1;2;8;9). Die ochronotische Arthropathie ist meist ein degenerativer Prozess, aber in einigen Fällen können auch Gelenkentzündungen beobachtet werden. Die Gelenkbeweglichkeit ist stark eingeschränkt, Ankylosen sind möglich. Da einige Patienten keinen dunklen Urin haben, ist bei Verdacht auf ochronotischer Arthropathie die quantitative Analyse von Homogentisinsäure zu empfehlen. Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule zeigen  eine Degeneration der Bandscheiben und dichte Kalzifizierungen vor allem im Lumbalbereich. Diese Kalzifizierungen können tastbar sein, besonders im Ohrknorpel. Eine akute intermittierende Porphyrie (die auch dunklen Urin verursachen kann) wird durch Nachweis der Homogentisinsäure ausgeschlossen, Rheumatoide Arthritis, Osteoarthritis und Spondylitis ankylosans werden radiologisch ausgeschlossen (1;2;8-10).

 

Des Weiteren neigen Alkaptonuriepatienten häufig zu Muskelfaserrissen, Sehnenentzündungen bzw. -rissen (meistens die Achillessehne) und spontanen Bänderrissen, welche sich durch MRT und Ultraschall diagnostizieren lassen  (1;2;10;11). Einen Überblick bezüglich der Verteilung der Ochronose im ganzen Körper eines Alkaptonuriepatienten kann durch ein Knochenszintigraph erhalten werden (8;10). Außerdem ist Messung der Knochendichte eine zusätzliche radiologische Methode, die in der Diagnostik von Alkaptonurie angewendet werden kann (10).

 

Weitere für AKU typische Symptome wie Nieren- und Prostatasteine werden durch Ultraschall identifiziert, während Kalzifizierung der Arterien, Aorta und mitralen Herzklappen mittels Echokardiogramm untersucht werden sollte. Eine Fortgeschrittene Kalzifizierung der Aorta und Mitralklappe kann zu einer Aorta-Stenose und Herzklappenersatz in der 6. Dekade führen (1;2;8;9).

 

Familienangehörigen ist eine genetische Beratung zu empfehlen. Medikamentöse Therapie kann das Tempo der Pigmentablagerung verringern. Hierdurch sollten Gelenk- und Herz-Kreislauf-Komplikationen im späteren Leben minimiert werden. Leider gibt es für die Krankheit bis heute keine präventiven oder kurativen Maßnahmen. Eine diätetische Einschränkung ist hilfreich, die Compliance aber oft unzureichend. Die Therapie mit Nitisinon (NTBC) zielt auf eine Modifizierung des gestörten Phe-Tyr-Stoffwechsels. Durch Behandlung mit anti-oxidativen organischen Verbindungen (z.B. N-Azetyl-Zystein) soll einer Umwandlung von HGA in polymere Substanzen vorgebeugt werden. Frühere Versuche mit Ascorbinsäure waren aber recht unbefriedigend. Bei älteren Patienten kann eine Entfernung oder Fusionierung der Bandscheiben erforderlich sein. Auch Endoprothesen der Hüft- und Kniegelenke sind evtl. indiziert. Obwohl die Lebenserwartung nicht signifikant verringert ist, führen die funktionellen Einschränkungen zu einem zunehmenden Verlust an Mobilität Orphanet:Alkaptonurie (1;2;8;9;12).



Referenzliste

  1. Kayser, M. A., Introne, W., and Gahl, W. A. (2009) Chapter 92: Alkaptonuria. In Vale, D., Beaudet, A. L., Vogelstein, B., Kinzler, K. W., Antonarakis, S. E., Ballabio, A., Scriver, C. R., Sly, W. S., and Childs, B., editors. The Scriver's Online Metabolic & Molecular Bases of Inherited Diseases , McGrawHill Companies, Columbus, 1-30.
  2. Phornphutkul, C., Introne, W. J., Perry, M. B., Bernardini, I., Murphey, M. D., Fitzpatrick, D. L., Anderson, P. D., Huizing, M., Anikster, Y., Gerber, L. H., and Gahl, W. A. (2002) Natural history of alkaptonuria. N.Engl.J.Med. 347, 2111-2121.
  3. Mönch, E. and Link, R. (2006) Alkaptonurie. In Mönch, E. and Link, R., editors. Diagnostik und Therapie bei angeborenen Stoffwechselstörungen , SPS-Verlag, Heilbronn
  4. Zatkova, A. (2011) An update on molecular genetics of Alkaptonuria (AKU). J Inherit.Metab Dis. 34, 1127-1136.
  5. Jebaraj, I. (2011) http://www.alkaptonuria.info/557296 .
  6. Al Sbou, M., Mwafi, N., and Lubad, M. A. (2011) Identification of forty cases with alkaptonuria in one village in Jordan. Rheumatol.Int. (in press)
  7. Goicoechea, d. J., Lorda, I., Gallardo, M. E., Perez, B., Perez, D. F., Mendoza, H., and Rodriguez, d. C. (2002) Alkaptonuria in the Dominican Republic: identification of the founder AKU mutation and further evidence of mutation hot spots in the HGO gene. J.Med.Genet. 39, E40.
  8. Cox, T. F. and Ranganath, L. (2011) A quantitative assessment of alkaptonuria : Testing the reliability of two disease severity scoring systems. J.Inherit.Metab Dis. 34 , 1153-1162.
  9. Gahl, W.A., Introne, W., Kayser, M., Phornphutkul, C., and Suwannarat, P. (2011)
    http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK1454/
    .
  10. Vinjamuri, S., Ramesh, C. N., Jarvis, J., Gallagher, J. A., and Ranganath, L. L. (2011) Nuclear medicine techniques in the assessment of alkaptonuria. Nucl.Med.Commun. 32, 880-886.
  11. Jebaraj, I. and Rao, A. (2006) Achilles tendon enthesopathy in ochronosis. J.Postgrad.Med. 52, 47-48.
  12. Porfirio, B. (2011) http://www.rarediseasecommunities.org/en/community/alkaptonuria-aku/article/orphanet-article-on-aku-2007 .



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